Reisebericht von Lisa Läufer – Oktober 2013 bis März 2014

Endlich war es soweit, wir hatten den 9. Oktober 2013 und meine Reise konnte beginnen. Mit einem riesen Grinsen im Gesicht, aber zugleich wackligen Knien betrat ich und meine Freundin Nicole Weiß den Flieger nach Managua (Nicaragua). Als wir ankamen, war es bereits dunkel und so konnten wir auf dem Weg ins Heim nur erahnen wie Straßen, Häuser etc. aussehen werden. Im Heim angekommen, wurden wir sehr freundlich von der Heimleiterin, einigen Betreuern und einer weiteren Freiwilligen (Laura Wisser) empfangen. Der erste Tag war geschafft und wir fielen beide erleichtert und erschöpft in unsere Betten.

Nach einer traumhaften, wie im eigenen Bett verbrachten Nacht wurden wir am nächsten Tag schon relativ früh von der täglichen Putzaktion der Medianos (Jungs von 9 bis 14 Jahre) mit Wischmops, wie wir sie bei uns nicht kennen, geweckt. Eins war mir bzw. uns schnell klar, Ausschlafen kann man hier nicht! Egal ob Klein oder Groß, Junge oder Mädchen von allen wurden wir herzlich und neugierig begrüßt. Bei den vielen Kindern fiel es uns jedoch zunächst schwer, alle Namen zu merken und vor allem auch richtig auszusprechen. Dies lag unter anderem daran, dass unser Spanisch leider nicht allzu gut war. Doch dank Lauras tatkräftiger Unterstützung und dem täglichen Kontakt zu den Kindern und Leitern haben sich unsere Kenntnisse sehr schnell verbessert. Und trotz fehlenden Freunden, der Familie, seine eigenen vier Wände und einer komplett anderen Kultur fühlte man sich immer wohler, kannte sich mit der Zeit noch besser aus und konnte fast gar sagen: „Hier ist mein neues Zuhause“. Klar, war es am Anfang ungewohnt seine Wäsche von Hand zu waschen, nur noch eiskalt zu duschen, jeden Tag Reis und Bohnen auf dem Teller zu sehen, drei mal in der Woche in die Kirche zu gehen oder nicht mehr täglich seine Mails zu checken, aber letzten Endes spielt das alles keine Rolle mehr, wenn man dafür an allen Ecken und Enden so viel Herzlichkeit und Liebe erfährt und zu spüren bekommt.

Besonders zu den „Ninos“ (Kinder von 9 Monaten bis 6 Jahren) hatten wir ein sehr inniges Verhältnis, da wir uns täglich mit der Professora Alica um sie gekümmert haben. Früh morgens ging es los mit einem gemeinsamen Frühstück (Gallo Pinto y Leche). Anschließend wurden die Kinder für die Schule gerichtet. Haare wurden gegelt, Uniformen zurechtgerückt, Rucksäcke kontrolliert und verteilt, bevor wir sie dann in die Schule begleitet haben. Es folgte das Wiederabholen, das gemeinsame Mittagessen, die Siesta (Mittagsschlaf) und anschließend die Tareas (Hausaufgaben) mit nachfolgendem Spielen, Basteln und Herumtoben. Nach einem langen und jedes Mal aufregenden Tag wurden die meisten Kinder von ihren Eltern, die auch im El Canon lebten, abgeholt oder wurden von Juan Carlos im Microbus nach Hause gefahren. Nun gab es noch Abendessen und ein bisschen gemeinsame Zeit, die zum Unterhalten, Spielen oder Fernseheschauen genutzt wurde, bevor es dann hieß: Buenas noches.

Während unserem fünfmonatigen Aufenthalt durften wir nicht nur den normalen Alltag im Heim miterleben, sondern hatten auch das Glück, die großen Ferien, Weihnachten und Silvester dort zu verbringen. So hatten wir die Möglichkeit selber Ideen einzubringen oder auch Aktionen wie „Pizza backen“ zu veranstalten. Und nicht nur wir haben die Zeit genutzt, den Alltag der Kinder etwas unterhaltsamer und abwechslungsreicher zu gestalten, sondern es kamen auch einige Vertreter von amerikanischen Organisationen, um mit den Kindern Aktivitäten und Ausflüge zu machen. So kam es öfters mal vor, dass Besuch aus der USA kam und sogenannte „Pinatas“ stattfanden. Eine riesige Figur aus Pappe mit Süßigkeiten gefüllt, worauf die Kinder mit verbunden Augen einschlagen durften, bis sie platzte und die ganzen Bonbons vom „Himmel fielen“, Zuckerwatte, Hüpfburgen, Kinderschminke, Geschenke, laute Musik, Hot Dogs… Ein Anblick mit dem man so nicht in einem der ärmsten Länder der Welt bzw. wir im Kinderheim gerechnet hätten.

Über die Ferien sind viele Heimkinder auch „nach Hause“ zu ihren Eltern oder sonstigen Familienangehörigen gegangen. Einige Kinder hatten diese Möglichkeit nicht und verbrachten so wie wir die Feiertage über im Kinderheim. Ein Weihnachten, wie wir es kannten, war das natürlich nicht, aber es gab ebenso wie bei uns einen schön geschmückten Weihnachtsbaum und ein gemeinsames und etwas üppigeres Abendessen (allerdings bestand auch das aus Reis). Es war in dieser Zeit recht ruhig im Heim und man merkte, dass irgendetwas fehlte. Aber nach und nach kamen die Kinder zurück und mit ihnen wurde es auch wieder lauter, chaotischer, und lebhafter, so wie wir es gewohnt waren und es sich für ein solches Heim auch gehört!

Ein Highlight war für mich außerdem die Verteilung der Lebensmittelsäcke, welche zu den monatlichen Aufgaben des Pastors gehört. Mit ihm und Laura zusammen haben wir Säcke mit unterschiedlichen Lebensmitteln wie Spaghetti, Öl, Streichhölzer, Reis, Seife, etc. gefüllt. Diese wurden später von uns an bestimmte Familien in Managua und Umgebung geliefert, welche Teil des Projektes sind und diese Unterstützung in Anspruch nehmen können. Für mich war es sehr aufregend und interessant, da ich so das Leben außerhalb des Kinderheims kennen gelernt haben und einen viel größeren Einblick und Eindruck von der Stadt, den Familien und vor allem auch von der Armut erhalten haben.

Die freiwillige Arbeit im Kinderheim „Puente de Amistad“ war auf jeden Fall eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte! Ich bin dadurch nicht nur sehr viel selbstständiger geworden und weis jetzt auch die kleinen Dinge im Leben zu schätzen, sondern ich habe auch viele neue Freunde gewonnen, ob hier in Deutschland oder in über 9000 km Entfernung. Mein Fazit: ES LOHNT SICH!